1. Dezember
Der Regen klopft sanft ans Fenster und wenn man von drinnen nach draussen schaut, glitzern alle Lichter durch die nasse Scheibe. «Da ist es drinnen doch gemütlicher» denkt sich Tanja und kuschelt sich auf dem Kissen zurecht. Das Kissen liegt auf einem alten Ohrensessel und der ist der Lieblingssessel von Oma Erna.
Momentan sitzt Oma Erna aber nicht in ihrem Sessel und der Ofen, der sonst immer so eine wohlige Wärme ausstrahlt - wenn Oma Erna in ihrem Sessel sitzt - der ist auch nicht an. Er strahlt mehr so Kälte aus, momentan. So ein schöner alter Schwedenofen ist nun mal aus Metall und wenn da kein Feuerchen lacht, dann kann es schon mal Kälte geben anstatt Wärme.
Tanja schaut ein wenig wehmütig zum Ofen. Sie mag es lieber, wenn er an ist. Also wenn ein Feuer darin brennt. Dann schaut sie gerne in die Flammen. Da gibt es immer viel zu sehen. Die Flammengeister lassen schöne Bilder entstehen und Schwupps auch wieder verschwinden. Das geht immer ganz schnell und man braucht ein sehr geübtes Auge um ihre Botschaft zu entdecken. Aber jetzt sind da keine Flammengeister im Ofen und daher gibt es auch nichts zu sehen. So doof.
Tanja hätte jetzt sehr gerne Gesellschaft. Ein Flammengeist wäre genau das richtige um sie aufzumuntern, aber es war keiner da.
Die Flammengeister waren gerade bei Bauer Harms. Der hatte in den letzten Tagen viele Tannen aus dem Wald geholt und zu einem grossen Halbrund an die Stallmauern gelehnt. Dort unter dem grossen Vordach waren sie abgetrocknet. Gestern hatte Bauer Harms jedes einzelne Bäumchen hervorgenommen, ausgiebig betrachtet, den Stamm leicht angespitzt, wenn notwendig einige Zweige entfernt und mit einem Preisschild versehen.
Sein Sohn Hannes nahm ihm das fertige Bäumchen ab und trug es nach vorne auf den Hof. Dort hatten sie zuvor eine lange Gestell-Reihe aufgebaut. Hannes lehnte das Bäumchen gegen das Gestell, schaute sehnsüchtig zur Feuerschale und ging zurück zu seinem Vater um das nächste Bäumchen zu holen.
Die Feuerschale war noch leer, aber alle auf dem Hof wussten, dass Bauer Harms am Abend einige Holzscheite hineinlegen würde. Er würde das Feuer entzünden und einige der abgeschnittenen Tannenästchen rundherum zum Trocknen aufstellen. Auch die Feuergeister wussten das. Sie zappelten schon ganz aufgeregt in einer Kerzenflamme. Die Kerze stand vor dem Küchenfenster in einem Windschutz und so konnten die Flammengeister sehen, was in der Küche passierte.
Die Bäuerin hatte einen grossen Kessel aufgesetzt und mit allerlei Flüssigkeiten und Gewürzen gefüllt. Sie erwärmte den Kesselinhalt ganz langsam und probierte zwischendurch die Temperatur. Schliesslich soll der Holunder Glühwein ja nicht kochen.
Du möchtest wissen wie Holunderglühwein zubereitet wird? Schau morgen wieder vorbei und öffne das nächste Adventsfenster.
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